Die Geschichte

Im Dienst an der Wirtschaft

Mit der Etablierung des Manufakturwesens Mitte des 17. und 18. Jahrhunderts und den Erfindungen von Maschinen entwickelten sich neue Fertigungsmethoden und Produktionsabläufe. Es entstanden die frühen Industriebetriebe. Die erste Weltausstellung 1851 in London bot nicht nur erstmals eine Zusammenschau der wirtschaftlichen Leistungskraft der sich entwickelnden Industrienationen, sondern offenbarte auch die funktionale und gestalterische Überlegenheit ausländischer Fabrikate.
Handel und Gewerbe, welche bis dahin durch ein restriktives Zunft- und Gildewesen stark gehemmt waren, richteten ihr Augenmerk verstärkt auf Entwicklungen jenseits des heimische Marktes.

Schnell wurde klar, daß für Handwerk und Industrie eine vielseitige Ausbildungsförderung geschaffen werden mußte. Es bildeten sich Gewerbevereine und -schulen. Handwerks- und Gewerbekammern, die durch Einrichtung von Musterlagern (Muster- und Vorbildersammlungen) und Durchführung von Fachausstellungen die Tradition der Vorbilderbewegung weiterentwickelten. Aus der 1792 gegründeten "Gesellschaft zur Förderung der vaterländischen Industrie" ging 1845 der Nürnberg/Fürther Gewerbeverein hervor.

Die Reichsräte Lothar von Faber und Theodor von Cramer-Klett forderten vehement die Einrichtung einer gewerblichen Zentralstelle mit Gewerbemuseum, die der heimischen Wirtschaft Fertigkeiten im Umgang mit neuen Technologien vermitteln und besonders gelungene Exponate als Anschauungsobjekte für die gewerbliche Fertigung zur Verfügung stellen sollte. Am 28. April 1869 gründeten 200 Vertreter aus Industrie, Gewerbe, Handel, Kammern, Städten und dem Landtag das Bayerische Gewerbemuseum in Nürnberg.

 

1872 konnten eine gewerblich-technische Bibliothek und ein technisches Auskunftsbüro mit einer amtlichen Patentschriftenauslegestelle eröffnet werden. Es folgte die Gründung eines chemischen Labors und 1888 entstand eine technische Versuchsstation zur Begutachtung von Maschinen, Motoren und Werkzeugen. Der 1896 fertiggestellte Neubau am Gewerbemuseumsplatz milderte nicht nur drängenden Raummangel, sondern schuf auch Platz für eine permanente Ausstellung für Industrie und Handel.

Technische Neuentwicklungen und vermehrte Beratungsnachfrage aus ganz Bayern führten kurz nach der Jahrhundertwende zur Gründung der elektrotechnischen Abteilung und zur Eingliederung der Versuchsanstalt für Bierbrauerei.

Die Eröffnung von Zweigstellen ab 1908 in Landshut, Augsburg, Bayreuth, Hof, Regensburg und Würzburg verkürzte die Wege zu den Kunden. Ein Jahr später erhielt das Gewerbemuseum aufgrund seiner stark ausgeweiteten Tätigkeitsgebiete und der vermehrt beratenden Funktionen den Namen "Bayerische Landesgewerbeanstalt".

König Ludwig III. verlieh der Landesgewerbeanstalt 1916 die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dies sicherte Unabhängigkeit, Objektivität und Neutralität. Die Übertragung öffentlicher Aufgaben änderte nichts am Verständnis der LGA, selbstverwaltete Körperschaft im Dienste der Wirtschaft zu sein.

1929 wurde der LGA die Prüfung von Standfestigkeitsnachweisen für Bauten und statische Berechnungen übertragen. Dazu kam 1936 die Gründung des Instituts für Lebensmittel- und Biochemie. Bombenangriffe während des 2. Weltkrieges zerstörten Gebäude der LGA schwer.
Zunächst mußte daher die Arbeit in Provisorien wieder aufgenommen werden. Der wirtschaftliche Aufschwung des Landes brachte auch für die LGA neue Aufgaben. Einer Anregung der Bauwirtschaft folgend, gründete sie das Grundbauinstitut, welches sich mit geologischen und geotechnischen Fragestellungen befaßt. 1956 folgte die Gründung der Fachschule für Galvanotechnik, die vor allem auf Impulse der Galvaniseur- und Metallschleiferinnung zurückzuführen ist. Mitte der 50er Jahre begann die LGA, Gebrauchsgüter und Verbrauchsprodukte zu prüfen, z. B. für die Stiftung Warentest, an deren Gründung die LGA maßgeblich beteiligt war.

In den 60er Jahren erfolgte verstärkt der Ausbau des Dienstleistungsangebotes an den Zweigstellen. so wurde z. B. die "Aerodynamische Untersuchungsstelle" in München eingerichtet. 1969 folgte die Umbenennung des Instituts in die bis heute gebräuchliche Bezeichnung "Landesgewerbeanstalt Bayern" oder kurz LGA.

Nachfragen der Bauwirtschaft in Sachen Funktionalität, Design und ökologische Verträglichkeit waren Ursache zur Gründung des Instituts für technische Gebäudeausrüstung und Siedlungswasserwirtschaft. Wiederum den Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechend, begann die LGA 1975 mit der Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker für technischen Umweltschutz und erweiterte das Ausbildungsfeld 1988 um das Gebiet Biotechnologie.

Der bayerische Staat beauftragte die LGA mit dem Vollzug des bayerischen Technologie-Beratungs-Programms. Mit der Gründung der Abteilung Technologie-Transfer und Innovation schuf die LGA daraufhin eine Einrichtung zur koordinierten, aktiven Technologieförderung.

Die Aufgabenstellung an die LGA, die heimische Wirtschaft durch technische Dienstleistungen zu unterstützen und damit aktive Wirtschaftsförderung zu betreiben, blieb seit der Gründung von 1869 eigentlich die gleiche. Veränderte Bedürfnisse der Wirtschaft führten jedoch immer schon zu einem Wandel der Methoden und Instrumente in der Ausübung der Tätigkeiten der LGA. Begann die Beratung durch die LGA durch das Hinführen an die Vorbilder des Gewerbemuseums, so spannt sich ein historischer Bogen vom mittelbaren Vergleich anhand von Exponaten bis hin zur umfassenden Prüfung und Untersuchung technischer Erzeugnisse und Planunterlagen oder ganzer Systeme. Wie auch ihre Partner in der Wirtschaft und aus der öffentlichen Hand schrieb sich die LGA des ausgehenden 20. Jahrhunderts seit dessen "achtziger Jahre" die Begriffe "Kompetenz" und "Kundennähe" auf die Fahnen - als Körperschaft des öffentlichen Rechts fühlte sie sich dabei durchaus unparteiisch. Die LGA errichtete Neubauten in Regensburg, in Würzburg und in Nürnberg. In der ersten Hälfte der "neunziger Jahre" waren mehr als 1000 Mitarbeiter in den Bereichen Statik, Geotechnik, Materialprüfung, Umweltschutz, Produkte, Technische Information und Zentrale Dienste beschäftigt. Die Aufbruchstimmung nach der Wiedervereinigung Deutschlands schlug sich auch in der Beteiligung der LGA an der USaDD Umweltsanierung Dresden GmbH im Jahre 1993 nieder. Dazu kam die Internationalisierung der Geschäfte: die Nutzung von Produktionsstandorten außerhalb Deutschlands bedeutete für die LGA, dass sie mehr als bisher ihren Kunden an neue Stätten folgen musste. Mit Dienstreisen ihrer Mitarbeiter allein war das nicht abgetan. Die Kooperationen mit örtlichen Partnern in zahlreichen Ländern nahm zu. Um die eigene Verantwortung nicht aus der Hand geben zu müssen, wurde in Hong Kong 1997 zunächst ein Repräsentationsbüro eröffnet, welches im Jahr 2000 in eine eigene Gesellschaft, die LGA (HK) Limited, umgewandelt wurde; die Eröffnung eines Representative Office der LGA in Shanghai folgte.

Begleitend aber verstärkte sich ein anderer Trend: Mit dem immer mehr ins praktische Leben hineinreichenden Ordnungsverständnis der Europäischen Union ergab sich ein bedeutsamer Paradigmenwandel: An die Stelle von staatlich verordneten Prüfungen traten Zertifizierungssysteme, die weitgehend privatrechtlich von Akkreditierungsorganisationen gesteuert wurden. Hier passte sich die LGA mit der Auslagerung entsprechender Tätigkeiten in die schnell wachsende LGA InterCert Zertifizierungsgesellschaft mbH Umweltgutachterorganisation, kurz LGA InterCert GmbH, (gegründet 1995) an.

Die eigentlichen Einschnitte wurden freilich durch die mit wirtschaftlichen und rechtlichen Notwendigkeiten begründete Deregulierung staatlicher Aufgaben ausgelöst. Deregulierung, das hieß, dass zunehmend öffentliche Aufgabenbereiche wegfielen, an deren Erledigung die LGA bisher partizipierte. Mit dem Rückgang solcher Aufgabenzuweisungen war ja auch die Konsequenz verbunden, dass der Staat, um Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen, sich notgedrungen als institutioneller Förderer der LGA zurückziehen musste. Die LGA war zwar - auch Dank ihres traditionell kaufmännisch ausgerichteten Rechnungswesens - in der Lage, diese Veränderungen abzubilden und ihre Planungen und ihre Strukturen anzupassen. Allerdings musste sie auch hinnehmen, dass ihre öffentlich-rechtliche Verfassung die notwendige Veränderungsgeschwindigkeit bremste. Um ihre Flexibilität wieder zu gewinnen, durchlief die LGA daher seit dem Jahr 1997 eine durchgreifende Restrukturierung. Zunächst sorgte eine Reformsatzung für die klare Ausrichtung als öffentliches Unternehmen. Nach weiteren Organisationsveränderungen (Satzung der Jahre 2000/2001) wurden erste Ausgründungen vorgenommen, die zu bisher erfolgreichen Gründerunternehmen führten: der LGA Institut für Umweltgeologie und Altlasten GmbH (Dezember 2001) und der LGA Immissions- und Arbeitsschutz GmbH (März 2002). Zum Ende des Jahres 2002 wurde auch die LGA Beteiligungs GmbH als hundertprozentige Tochter der LGA Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet und zur Inhaberin der Markenrechte der LGA gemacht, denn bereits seit 1981 betrieb die LGA einen konsequenten und immer weiter ausgebauten Markenschutz.

Anderes gab die LGA auf: so trennte sie sich zu Beginn des Jahres 2003 von der LGA Qualitätsservice GmbH im Wege eines Management-Buyouts, übergab die Fachschule für das Zimmerer- und Maurerhandwerk in die Schulträgerschaft von Stadt und Landkreis Landshut nebst der dortigen Bau-Innung und gab bis 2004 ihre Anteile an der USaDD GmbH zurück.

Unternehmensgeschichtlich schmerzhaft, aber wirtschaftlich notwendig kam ein einschneidendes Ereignis: Am 3. Juni 2003 besiegelte ein Festakt im Germanischen Nationalmuseum die Übernahme der Sammlungen des Gewerbemuseums durch den Freistaat Bayern. Die Abgabe der Gründungszelle der LGA aus wirtschaftlicher Notwendigkeit wurde freilich durch zwei Umstände versüßt: der Veräußerungserlös floss in die willkommene Eigenkapitalstärkung der LGA und die Vereinbarung des neuen Eigentümers mit dem Germanischen Nationalmuseum als Dauerleihnehmer sicherte endgültig den Verbleib des Gewerbemuseums in Nürnberg. Denn die bereits 15 Jahre zuvor mit dem Auszug aus dem Gewerbemuseumsgebäude geregelte Lösung eines "Museums im Museum" war beiderseits kündbar und damit vergleichweise provisorisch gewesen.

Im Oktober 2003 wurden schließlich die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen für eine Konzernstruktur geschaffen. Gegründet wurden die LGA Bautechnik GmbH, die LGA QualiTest GmbH, die LGA Training & Consulting GmbH (bis 2005 unter "TrainConsult" firmierend) und die LGA Fachschulen gGmbH. Die operativen Geschäfte der bisherigen Bereiche Bautechnik, Produktprüfung, Training & Consulting sowie die beiden Fachschulen (für Galvanotechnik u. technischen Umweltschutz bzw. Biologisch Technische Assistenten) wurden mit Wirkung vom 1. Januar 2004 auf die neuen Gesellschaften übertragen. In der Körperschaft selbst verblieben im operativen Bereich die öffentlichen Aufgaben der Prüfstatik und der Innovationsberatung sowie - als neutralitätswahrende Supervisionsinstanz - das Materialprüfungsamt, das der LGA schon 1909 zuerkannt worden war. Damit hat die LGA eine Trennung der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung von der gewerblichen Tätigkeit vorbereitet.

Zunächst blieb in einem handels- und steuerrechtlichen Sinn die LGA KdöR "Konzernobergesellschaft" der neu formierten LGA-Gruppe. Für ihre Zwischenholding LGA Beteiligungs GmbH suchte sie allerdings zur Wachstumsfinanzierung und auch zur Verstärkung der unternehmerischen Führerschaft einen starken Partner. Dafür wurde im Jahr 2004 ein Mergers&Acquisitions-Projekt aufgesetzt. In einem europaweit öffentlichen Verfahren meldeten bis zum August insgesamt 23 potentielle Investoren ihr Interesse an. Sieben von ihnen wurden zur due diligence zugelassen. Intensive Verhandlungsrunden zogen sich bis in den Februar 2005 und endeten damit, dass drei Investoren bis zum 1. März 2005 notariell beurkundete Angebote hinterlegten. In seiner Sitzung am 14. März 2005 entschied der Aufsichtsrat über die Annahme der Angebote und unterbreitete sein Votum der staatsaufsichtlichen Genehmigung. Nach einer Kabinettsentscheidung am 2. Juni 2005 wurde diese vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie auch erteilt und führte am 28. Juni 2005 zur Annahme des bestplatzierten Angebotes, nämlich des der TÜV Rheinland Holding AG. In einer vielbeachteten Pressekonferenz am 4. Juli 2005 veröffentlichten die Vertragsparteien unter Teilnahme des bayerischen Innenministers und des bayerischen Wirtschaftsministers die Eckpunkte des Erwerbs der Anteile an der LGA Beteiligungs GmbH und auch des Betriebsgrundstücks in Nürnberg durch die TÜV Rheinland Holding AG. Im September 2004 erteilte das Bundeskartellamt sein Einverständnis.

Infolge dessen stand das zweite Halbjahr 2005 ebenso wie das Jahr 2006 ganz im Zeichen der von den Vertragspartnern verabredeten Integration. Die komplexe Struktur einer Matrixorganisation erlaubte es der TÜV Rheinland Group, die erworbenen LGA-Gesellschaften unter Wahrung ihrer gesellschafts- und markenrechtlichen Selbständigkeit unter das Dach ihrer weltweiten Aktivitäten einzugliedern. Die Vertrauensbasis auf Seiten der Entscheidungsträger erwies sich als dauerhaft und belastbar, die LGA- und TÜV Rheinland-Mitarbeiter vertrugen sich nicht nur spontan sondern nachhaltig. Wirtschaftliche Erfolge und eine Zunahme an Arbeitplätzen am Standort Nürnberg stellten sich schneller als prognostiziert ein. Bereits mit Jahresbeginn 2007 wurde daher die vollständige Übernahme der LGA Beteiligungs GmbH durch die TÜV Rheinland Holding AG und damit die endgültige gesellschaftsrechtliche Trennung der freiwirtschaftlichen LGA-Aktivitäten von der LGA KdöR vollzogen. Die Hauptversammlung der LGA KdöR beschloss angesichts der geänderten Umstände in einer außerordentlichen Hauptversammlung am 27. November 2006 eine neue Satzung, die am 1. Januar 2007 in Kraft trat. Die LGA KdöR passte sich mit verschlankten Führungs- und Aufsichtsstrukturen der nunmehr auf die Erledigung ihrer öffentlichen Aufgaben zugeschnittenen Organisation an, welche nun also die schon erwähnte Prüfung baustatischer Nachweise umfasst, die von acht Standorten in ganz Bayern aus unter der Aufsicht der Obersten Baubehörde vorgenommen wird, daneben die Förderung kleiner und mittlerer technologieorientierter Unternehmen und die amtliche Materialprüfung.

Neben diesen geschilderten originären Aufgaben bleibt der LGA KdöR natürlich auch die Letztverantwortung für ihre in die Gesellschaften der LGA Beteiligungs GmbH und somit in die TÜV Rheinland Group gestellten Mitarbeiter. Auch aus diesem Grund sind LGA KdöR und TÜV Rheinland langfristige vertragliche Bindungen eingegangen. Beide Organisationen wollen natürlich ihre gewachsenen Kundenbeziehungen pflegen und möglichst viele neue Kunden für sich begeistern. Wie hieß das bisher bei der LGA? "Mit Sicherheit Qualität". Die TÜV Rheinland Group bestätigt das: "genau, richtig"!