IM GERMANISCHEN NATIONALMUSEUM WURDE AM 27.11.2019 DIE JUBILÄUMSAUSSTELLUNG ERÖFFNET.
Oktober 2019. Noch schlummern Fayencen, Zeremoni-enhämmer oder auch eine Silber-Bowle mit Elfenbei-narbeiten in den Depots des Germanischen National-museums in Nürnberg, des größten kulturhistorischen Museums im deutschen Sprachraum. Doch Silvia Glaser, die die Sammlung „Gewerbemuseum Nürn-berg“ seit über 20 Jahren betreut, hat ihre Wahl aus insgesamt 13.000 Stücken getroffen. Die erklärenden Texte sind vorbereitet, der Katalog geschrieben. Das Vorhaben ist komplex. Warum haben Unternehmer und Bürger der Stadt Nürnberg solch große Summen investiert vor 150 Jahren, um ein Gewerbemuseum einzurichten? Warum ist aus diesen Anfängen im Jahr 1869 ein Unternehmen entstanden, das heute LGA heißt? Und wie erklär‘ ich’s den Museumsbesuchern?
Viele der Exponate wurden auf den Weltausstellun- gen jener Jahre in London, Paris oder Wien erworben. Die Initiative (und viel Geld) kam von den Nürnberger Industriellen Lothar von Faber und Theodor von Cra-mer-Klett. Die Unternehmer – man ahnt es schon – waren nicht an der Gründung eines Kunstmuseums interessiert. Sie wollten Vorbilder erwerben für die Ausbildung von Industriearbeitern, Meistern, Technikern. Aus Handwerks-betrieben waren Kleinunternehmen entstanden; große Industrieunternehmen wie Siemens oder MAN nahmen in jenen Jahrzehnten ihren Anfang. Es fehlte an ausge-bildeten Facharbeitern. Und die Qualität der deutschen – oder fränkischen – Produkte musste besser, ihr Design moderner werden.
Das GNM ist Dienstag, Donnerstag bis Sonntag von 10-18 Uhr geöff net, Mittwoch 10-21 Uhr und Montag geschlossen.
Es gibt zahlreiche Sonderführungen, auch mit der Kuratorin Dr. Silvia Glaser. Das gesamte Begleitprogramm zur Ausstellung finden Sie unter www.gnm.de/gewerbemuseum
Bis heute sind die Geschichten rund um die einzelnen Ausstellungsstücke faszinierend. Und Silvia Glaser kennt sie alle. Sie nimmt lachend eine große strahlend blaue Vase mit weißen Schutzhandschuhen vorsichtig aus dem Regal: Nicht Porzellan (das lange Zeit nur die Chinesen herstellen konnten), sondern Fayence lautet die Produkt-bezeichnung. Fayencen sind Keramiken, die wie Porzellan aussehen (sollen). Der meist gelbliche oder auch rötliche Ton wird mit einer häufi g weißen (selten farbigen) decken-den Glasur überzogen. Dabei ist ein wesentlicher Bestand-teil der Glasur Zinnfritte, fachlich Zinnoxid. Bei der Her-stellung kam Quecksilber zum Einsatz und die beteiligten Arbeiter hatten keine hohe Lebenserwartung.
Ein schwerer Hammer aus Eisen mit einem Griff aus Nussbaumholz trägt die Aufschrift „Dem neuen Bau bring Segen“. Er kam am 10. Juli 1892 zum Einsatz, als der Grundstein für das neue, große noch heute am gleichna-migen Platz zu bewundernde Gewerbemuseumsgebäude gelegt wurde. So sind die Schaustücke, die bis ca. 1900 erworben und verwendet wurden, sprechende Zeugen spannender historischer Augenblicke, und Silvia Glaser hat ihnen ihre Geheimnisse entlockt. Deshalb fehlt in der Ausstellung auch nicht eine Liste mit 36 Objekten, die sich ein Lyoner Museum um 1913 für eine Ausstellung auslieh. Dann kam der Erste Weltkrieg und anschließend haben die Lyoner Museumsmacher mit allerlei plumpen Ausreden die Rückgabe der Leihobjekte verweigert. 1975 entdeckte ein Kunstexperte auf einer Münchner Antiqui-tätenmesse die Silberbowle und die LGA kaufte ihr eigenes Kunstobjekt zurück. Fotos, Filme und erläuternde Texte ergänzen die Aus-stellung rund um die Geschichte der LGA.